Sonntag, 8. Januar 2023

Predigt der Geburt Christi

 Januar 1976



Das heutige Mysterium gehört zu den erhabensten unseres Glaubens. Gott wird Mensch, der Schöpfer wird Geschöpf. Was für eine paradoxale Angelegenheit ! Gott erschafft sich sozusagen selbst, indem er von der Jungfrau geboren wird.

Wie eine unerschöpfliche Quelle, an der man höchstens seinen Durst stillen kann, die man aber nie ganz ausschöpfen kann, so kommt mir das heutige Mysterium vor. Ich beschränke mich daher darauf, nur einen Aspekt dessen hervorzuheben, was wir heute liturgisch leben : Gegensätze, die sich vereinen, ohne zu verschmelzen.

Das Immaterielle nimmt Gestalt an und nimmt Materie an. Der Ewige tritt in die Zeit ein und wird zeitlich. Der Unendliche wird zu einem begrenzten Wesen. Der Unsichtbare macht sich sichtbar. Der Leidenschaftslose, übernimmt die Verantwortung für unsere Leidenschaft, unseren Hunger, unseren Durst, unseren Schlaf und den Rest unseres Verfalls, abgesehen von der Sünde. Der Starke und Allmächtige wird so schwach, dass er sich der Verfolgung durch Herodes aussetzt, der versucht, ihn zu töten.

Ich könnte stundenlang so weitermachen und aufzählen, was Christus für uns geworden ist.

Aber warum tut Gott das ? Um eine Schau abzuziehen und zu zeigen, wozu er fähig ist ? Nein, aber damit wir umgekehrt dasselbe tun.

Wir Sterblichen sind zur Unsterblichkeit berufen; uns, die Fleischlichen, geistig zu werden. Leidenschaftlich – die Unempfindlichkeit wird uns angeboten. Vielseitig und unbeständig – Unveränderlichkeit erwartet uns (Beständigkeit, die Festigkeit und Bewegung zugleich ist).

Ich könnte auch weiter erzählen, was uns als Ziel unseres Lebens vorgeschlagen wird. Aber ich fasse es in zwei Worten zusammen. Aus unserem Egoismus, aus unserem Rückblick auf uns selbst, werden wir ermutigt, uns der einzigen Freiheit, dem einzigen Glück zu öffnen, das darin besteht, uns mit Gott zu vereinen. «Gott wurde Mensch, wie der heilige Irenäus sagt, damit der Mensch Gott werde.»

Die Wertschätzung, Bewunderung, Liebe, die wir von anderen erwarten, wird dann Realität. Denn im Moment ist es eher schade, dass sie unser armes Elend empfinden. Wir werden dann aus unserer Sackgasse herauskommen, aufhören, uns um selbst zu drehen, und auf dem Weg Gottes voranschreiten, auf dem alle unsere Probleme nach und nach gelöst werden, um schließlich den Frieden zu erreichen, den die Engel bei der Geburt gepredigt haben, und wegen dessen der Erlöser kam, um uns den zu bringen.

Priestermönch Kassian

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